Karl August Varnhagen von Ense: Tagebuecher. 14 vols. Hg. v. Ludmilla Assing. Leipzig / Zuerich / Hamburg 1961-1880

a preliminary translation into English of this German text

vol. 7, Zuerich: Meyer & Zeller 1865

p. 114 Donnerstag 28. Maerz 1850. [...] Frau Bertha von Marenholtz kam (geb. von Buelow) und trug mir in hochgebildeter, fliessender, sich bisweilen ueberstuerzender Sprache die Erziehungsanschlaege von Froebel vor.

p. 116f. Sonnabend, den 30. Maerz 1850. [...] Spaeter kam Frau von Marenholtz, die mir wieder einen Stoss Froebel'scher Sachen zugesandt hatte. Sie blieb ueber zwei Stunden, sagte viel Gutes, las mir manches Eigne vor, fragte viel nach Rahel, und hat das Buch mit gutem Sinn aufgenommen.

p. 119 Ostermontag, den 1. April 1850. [...] Nachmittags kam Frau von Marenholtz. Sie brachte vielen Froebel'schen Apparat mit, und erklaerte ferner, mit bewundernswerther Sachkunde und Fertigkeit die Anwendung und Bedeutung der Sachen. Wahrhaft lehrreich. Danach sprach sie ueber den Inhalt unsrer Zeit, ueber Revolution, Reaktion etc. mit solchem Freisinn, zugleich mit solcher Einsicht und Klarheit, dass wir erstaunen mussten.

vol. 8, Zuerich: Meyer & Zeller 1865

p. 311ff. (journey to Liebenstein) Dienstag, den 26. August 1851. [...] Nachmittags Fahrt nach Marienthal zu Friedrich Froebel. Die lernenden Kindergaertnerinnen vor dem Hause; Gesang: "Wollt ihr wissen, wie der Bauer seinen Hafer aussaet? Sehet so so, sehet so so, sä't der Bauer seinen Hafer wohl aus." Froebel, siebzigjaehrig, voll Geist und Feuer, setzt sich mit uns hin, und erklaert seine Erziehungsweise. Das Auffallende daran wird durch die Eigenart des Mannes gemaessigt, die Sache ist gut und verstaendlich, und wird gedeihen, mit oder ohne seinen Namen. Er war sehr aufgeregt durch das eben erschienene Verbot seiner Kindergaerten in Preussen, das auf blosser Verwechslung seines Namens mit dem seines Neffen beruht, und nur die rohe Dummheit des Kultusministers von Raumer offenkundig macht. Ich troeste ihn damit, dass die Verfolgung seine Sachen heben werde, besonders so dumme, grundlose. Frau von Marenholtz spricht in gleichem Sinn. Der Mann ist eine Art Pestalozzi, lebt und webt in seiner Sache. - [...]

Liebenstein, Donnerstag, den 28. August 1851. [...] Abends kam Froebel, und hielt uns nochmals seine merkwuerdigen Vortraege. Er schenkte mir eine seiner Schriften. -

Liebenstein, Freitag, den 29. August 1851. Dieser Tag war zur Abreise bestimmt; wir machten aber noch einige Spazirgaenge, dann einen Ritt auf Eseln zur Burg Liebenstein hinauf, und besuchten sodann den Kindergarten im Orte, der durch den Eifer der Frau von Marenholtz und die Unterstuetzung der Graefin Ida hier gegruendet worden. Wir sahen ueber eine Stunde den Spielen und Uebungen der Bauernkinder zu. Der Geist und Sinn muessen sich durch rohen Stoff durcharbeiten, das findet sich im Kindergarten und in den Voelkerschicksalen. Das fruehe Vorspringen der Eigenart machte sich auffallend wahrnehmbar, ein vierjaehriges sonst dummes Maedchen draengte sich als ausgemachte Kokette vor, sie hatte gemerkt was man wollte, hatte das schnell gefasst, und wusste den Beifall wie ein Recht anzufordern; die andern Kinder und selbst die Lehrerin erkannten ihr Recht auch unwillkuerlich an, und schoben sie vor. Ich lobte die Lehrerin wegen ihres Fleisses und machte ihr ein kleines Geschenk durch Frau von Marenholtz. - [...]

Sonnabend, den 30. August 1851. [...] Der ganze Aufenthalt hatte mir besonders wohlgefallen, am besten von allen Orten, die wir bisher besucht. Der Reiz der Bekanntschaft Froebel's wirkte dabei sehr mit; aber auch die Lage des Hauses, die nahem Spaziergaenge, die bequeme Vereinigung der Menschen.

p. 327ff. Mittwoch, den 10. September 1851. [...] Der stupide Minister von Raumer hat einen Befehl gegen die Kindergaerten erlassen, sich auf ein Buch von Karl Froebel berufend. Er verwechselt Friedrich und Karl Froebel. Man deckt den Irrthum auf, allein vergeblich; das Vieh von Minister will nicht geirrt haben, es bleibt bei dem Verbote. Diesterweg und die "Nationalzeitung" sprechen mit kraeftigem Ernste, "Kladderadatsch" mit scharfem Hohn, aber es bleibt dabei - dass Raumer ein Vieh ist! Die "Neue Preussische Zeitung", in gewohnter Niedertraechtigkeit, klatscht Beifall. - In Sachsen und Baiern beeifert man sich, es dem stupiden preussischen Minister nachzuthun. - [...] Die "Nationalzeitung" hat vortreffliche Artikel in dieser Zeit geliefert, z. B. [...] No. 411. Verbot der Froebelschen Kindergaerten.

p. 354 Montag, den 29. September 1851. [...] Die "Neue Preussische Zeitung" berichtet, Froebel's Gesuch um Berichtigung des Irrthums, dass das Kultusministerium ihn und seinen Neffen fuer dieselbe Person gehalten, sei unberuecksichtigt geblieben, und hat die Schamlosigkeit hinzuzufuegen: "Und das mit Recht!" Ob es wohl je ein niedertraechtigeres, ein schmutzigeres Blatt gegeben hat? [...]

p. 366 Mittwoch, den 8. Oktober 1851. [...] Bericht ueber Froebel und Anerkennung seiner Verdienste durch eine Versammlung von Paedagogen, die seine Sache untersucht haben. In der "Nationalzeitung", mit allen Namensunterschriften. Ohrfeige fuer den Minister von Raumer, seine Dummheit muss der Froebelschen Sache noch Nutzen bringen. - [...]

vol. 9 Hamburg: Hoffmann & Campe 1868 p. 46 Sonnabend, den 31. Januar 1852 [...] Abends kam Frau von Marenholtz und hatte mehrere dringende Anliegen; ein Aufsatz der hannöverschen Zeitung soll in hiesige gebracht werden, aber in keine demokratische, da dies der Sache Froebel's nur schaden wuerde; eine Sammlung ist vorgeschlagen, die den Zweck hat fuer Froebel's alte Tage zu sorgen. Alles unthunlich, unausfuehrbar! Hier sind solche Sammlungen sogar untersagt, die Polizei muss sie erlauben, das wird sie in diesem Falle nicht thun. Es ist ueberhaupt nichts mit Unternehmungen, die gegen Wind und Wetter durchgesetzt werden muessen, man erlangt in der Regel nichts und opfert ungeheuer viel; bei guenstigen Umstaenden erfolgt alles ganz leicht und wie von selbst. Im Sommer muss man nicht Schlittschuh laufen wollen. Froebel soll seine Sache persönlich lehren und treiben so gut er kann, aber nicht verlangen, sie solle nun gleich voellig zum Durchbruche kommen und triumphiren, damit er es noch sehe. Seine Schueler und Anhaenger verleiten ihn zu Anspruechen und Hoffnungen, die sich nicht erfuellen. - [...]

p. 119 Mittwoch, den 17. Maerz 1852. [...] Der stupide Minister von Raumer laesst dem Zusammenhange der Froebel'schen Kindergaerten mit den freien Gemeinden nachforschen und wird ihn finden! Von solchem Vieh von Dummheit wird regiert! -

p. 240 Donnerstag, den 3. Juni 1852. [...] Von Hamburg sind Fraeulein Anna Koppe und Fraeulein von Meysenbug, die beide dort in der Hochschule fuer Frauen waren, hier angekommen, in der guten Meinung hier Froebel'sche Kindergaerten zu errichten. Fuer den Kultusminister ist das wie Jakobiner und Guillotine! Die Polizei war den beiden Fraeulein gleich auf dem Hals, besonders dem Fraeulein von Meysenbug, der man alle ihre Papiere, alle, alle - Rechnungen wie Tagebuecher, Sprachuebungen wie Briefschaften - unbarmherzig wegnahm, und sie dann auswies. Sie ist nach Hamburg zurückgekehrt, will aber auch dort nicht bleiben, sondern nach England gehen. Fraeulein Koppe wurde minder streng behandelt, aber muss taegliche Polizeibelaestigungen leiden, wird verhoert ueber ihren Umgang, ihren Briefwechsel, soll ueber Personen Auskunft geben, und ist ihres Bleibens nicht sicher. Fraeulein von Meysenbug ist die Schwester meines Wandnachbarn, des badischen Gesandten, der sehr dazu beigetragen haben soll, dass sie hier nicht geduldet wurde. - [...]

p. 246f. Mittwoch, den 9. Juni 1852. [...] Die Schullehrer=Versammlung in Gotha, bei welcher Diesterweg tapfer sprach, und Friedrich Froebel mit Auszeichnung behandelt wurde, macht dem Minister von Raumer grossen Verdruss. Ungehindert und unwidersprochen treiben sie ihr Wesen doch nicht, diese Willkuer= und Gewaltminister! [...]

p. 252 Mittwoch, den 16. Juni 1852. In Magdeburg ist bei allen Buchhaendlern nach Dulon'schen Schriften gesucht worden. Die Minister und die Polizei sind auf den Namen Dulon ganz toll, der Minister von Raumer auch noch auf den Namen Froebel. [...]

p. 266 Freitag, den 25. Juni 1852 [...] Aus Liebenstein geht die Nachricht ein, dass Friedrich Froebel in Marienthal am 21. Abends gestorben ist. [...]

p. 277 Sonnabend, den 4. Juli 1852. [...] Die Urwaehlerzeitung giebt einen wackern, tapfern Artikel zu Ehren Friedrich Froebel's und recht zu Schanden des dummen Kultusminister von Raumer. - [...]

p. 405 Montag, den 8. November 1852. [...] In Asseburg's Denkwuerdigkeiten gelesen; Froebel'sche Sachen, Zeitschriften.

vol. 10, Hamburg: Hoffmann & Campe 1868

p. 260 Sonntag, den 11. September 1853. [...] Der Minister von Raumer hat muendlich erklaert, er wolle sich um die Froebel'schen Kindergaerten nicht mehr kuemmern, sie moechten ihre Spielereien treiben, das wolle er nicht hindern, aber wenn sie weiter gingen, dann werde er ihnen das Spiel verderben; auch sollen sie sich mit dem Namen Froebel nicht so breit machen, der tauge einmal nicht! Der Mann sieht also doch endlich ein, dass er selbst sich unnuetzerweise zu breit gemacht und vollstaending blamirt hat? Aber statt dies ehrlich zu gestehen, blamirt er sich weiter, der elende Wicht! -

p. 327f. Sonntag, den 30. Oktober 1853 Besuch von Frau von Marenholtz; sie ist schon drei Wochen hier, war aber krank. Den Sommer brachte sie in Thueringen zu, in den Froebel'schen Anstalten. In Oesterreich finden die Kindergaerten beguenstigten Eingang, der Unterrichtsminister Graf von Thun ist ganz fuer sie; der Graf von Deym hat hunderttausend Gulden zur Gruendung einer Erziehungsanstalt bestimmt, fuenfzigtausend fuer ein Wochenblatt, das demselben Zwecke dienen soll. Wie muss sich der preussische Kultusminister von Raumer schaemen! Oesterreich aufgeklaerter, freisinniger als Preussen! - Nachrichten ueber den Dr. von Buchhausen aus Westphalen, der eine neue Philosophie aufstellen will, - und sich thoerichter Weise bei Manteuffel und Raumer um die Erlaubniss bewirbt, oeffentliche Vorlesungen halten zu duerfen. Er behauptet mit Froebel's Ansichten ganz uebereinzustimmen. - [...]

vol. 13, Hamburg: Hoffmann & Campe 1870

p. 200 Sonntag, den 26. Oktober 1856. Besuch von Frau Bertha von Marenholtz, die ich seit einigen Jahren nicht gesehen, sie war inzwischen in England und Frankreich, in der Schweiz, und hat ueberall ihre Froebel'sche Sache mit Erfolg betrieben und verbreitet, besonders in Paris, wo sie achtzehn Monate war, die Minister und mehrere Geistliche, besonders der Kardinal von Tours, dann aber auch reiche Protestanten fuer die Sache gewonnen hat; die Kindergaerten gedeihen aller Orten, nur hier nicht! -

vol. 14, Hamburg: Hoffmann & Campe 1870

p. 178 Sonntag, den 10. Januar 1858. [...] Frau von Marenholtz ist in Bruessel mit gutem Erfolge thaetig fuer die Verbreitung der Froebel'schen Lehre und die Errichtung von Kindergaerten. Nur hier findet sie Schwierigkeiten und boesen Willen abseiten des Unterrichtsministers von Raumer. -

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